Ja,
endlich ist sie wieder da, die schöne, heile Bayernwelt. In der Champions
League die nervige Vorrunde gegen die ohnehin uninteressanten Gegner aus
Prag, Moskau und Rotterdam überstanden und auch in der Bundesliga, die ja
eh nur eine lästige Pflichtaufgabe darstellt, steht man endlich wieder
auf dem Platz, der einem laut bescheidener Selbsteinschätzung (und
Vereinslied) ohnehin allein gebührt. Zudem muss man bald nicht mehr im
ungeliebten Olympiastadion antreten, sondern darf das Geld für ein ebenso
teures wie unnötiges neues Stadion zum Fenster rauswerfen.
Bei
soviel „Erfolg“ drängt sich einem doch geradezu die Frage auf, warum
auch in Wolfsburg,
St.Pauli
und den anderen Städten die Leute ins Stadion gehen und nicht auch an
diesem „Siegeszug“ des FCB teilhaben wollen. Ich will gar nicht
bestreiten, dass das Bayern-Publikum zumindest in Deutschland die Nase
vorn hat, wenn es darum geht, irgendwelche Titel aufzuzählen. Doch wenn
man sich einmal umsieht, wird man den Eindruck nicht los, dass sich gerade
diejenigen zu den Anhängern dieses Vereins zählen, die selbst nur immer
auf der Siegerseite stehen wollen und wenn das schon im reellen Leben
nicht gelingt, dann eben auf diese Weise. Es gibt wohl tausende kleiner
Kinder, die einem als „begeisterte Bayernfans“ mit ihren Fahnen und
Schals vor der Nase herumwedeln, aber vermutlich gewaltige Probleme hätten,
nur fünf weitere Bundesligisten ausser dem FCB zu nennen, aber solche
Belanglosigkeiten braucht ein „echter Bayernfan“ natürlich nicht zu
wissen.
Laut
Umfrage hat der FCB mit Abstand die meisten „Fans“ in Deutschland.
Trotz dieser Tatsache kamen beim letzten Champions League (immerhin laut
eigener Aussage der wichtigste Wettbewerb!) Heimspiel der Bayern gegen
Spartak Moskau laut Fernsehkommentator
gerade mal 25 000 Zuschauer. Eine Zahl, die in dieser Höhe wohl auf das
schöne Wetter zurückzuführen sei, wie der Kommentator mutmasste.
Wie
soll man das als normaler Fan verstehen?
Jeder normale Bundesligist wäre vermutlich froh, im Europapokal einen
Gegner von der Attraktivität und vom Bekanntheitsgrad Spartak Moskaus
zugelost zu bekommen. Entweder man hat dann doch nicht so viele treue
„Fans“, wie man gerne hätte, oder ein Grossteil sind doch nur verwöhnte
„premiere“-Sesselfurzer oder musste um diese Zeit schon ins Bett, um
am nächsten Tag für den Rechtschreibtest der dritten Klasse
ausgeschlafen zu haben.
Tatsächlich
finden sich sogar einige „Bayernfans“, die kritisch genug sind und
einigen ihrer „Stars“ sogar diverse charakterliche Schwächen
(Arroganz, Grössenwahn) attestieren. Aber das macht ja nichts, hauptsache,
er bringt seine Leistung auf dem Platz, hauptsache, man gewinnt und hat am
Saisonende ein paar neue Staubfänger in der Vitrine stehen. Auch eine
Einstellung. Doch
der Grossteil dieser sogenannten „Fans“ hat nichts verstanden vom Fussball.
Mailand, Manchester, Madrid - das sind Gegner, die der „Bayernfan“
kennt und die ihn vielleicht sogar interessieren.
Aber
ein „Bayernfan“ wird nicht nachvollziehen können, was damals in den
Frankfurter
Fans
vorging, als Jan Aage Fjörtoft 1998/99
quasi in letzter Minute das entscheidende Tor zum Klassenerhalt erzielte.
Ein
„Bayernfan“ wird nie verstehen, was damals die Spielern der
Liechtensteiner
Nationalmannschaft
empfunden haben, als sie im Oktober 1999 zum ersten und bisher
einzigen Mal ein Qualifikationsspiel gewannen, wenn auch „nur“ gegen
Aserbaidschan mit 2:1 vor knapp 1 500 Zuschauern (bevor ihr diese
„mickrige“ Zahl belächelt, liebe „Bayernfans“: Das entspricht in
etwa 5% der Bevölkerung
des
gesamten Landes. Wenn zu euren Spielen nur 5% der Gesamtbevölkerung Münchens
kämen, wäre euer Stadion öfter mal voll!).
Ein
„Bayernfan“ wird es vermutlich auch nicht in den Kopf kriegen, was die
Spieler aus US-Samoa bewogen hat, an der WM-Qualifikation teilzunehmen.
Auch wenn sie mit einer Jugendmannschaft antreten mussten und alle Spiele
haushoch verloren, so waren diese Spieler bestimmt dennoch stolz, ihr
Bestes zu geben und für ihr Land zu spielen.
Gerade
solche Spiele und sympathische „Underdogs“ machen
doch die Faszination dieses Sports
aus. Dafür verzichte ich gerne auf einen prall gefüllten Trophäenschrank.
Es
bleibt nicht viel vom Neid der Bayerngegner auf den FC Bayern, den sich
die FCBler so gerne einreden. MITLEID wäre vielleicht der passendere
Ausdruck.
(von unserem Hollywood Reporter WerderFan,
veröffentlicht am 05.November 2001)
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